Softskills sind nix für Weicheier: Profis brauchen Individualität und Kultur

Newsletter  |  November 2014

„Ach so, ja, Softskills“ hören wir oft, wenn wir sagen, dass unser Thema die Kunst des Zusammenarbeitens ist. Das klingt dann ein wenig nach etwas, mit dem man sich gern beschäftigt, wenn die wirklich wichtigen Angelegenheiten erledigt sind und man noch etwas Zeit für weniger wichtige übrig hat.

Aus unserer Sicht ist das Zusammenarbeiten natürlich etwas zentral Wichtiges, und auch etwas, das einen wirklich schnell machen kann. Ohne die Fähigkeit zu konstruktivem, wirksamem, freiem Zusammenarbeiten müsste man ja tatsächlich alles allein machen, und das wäre auf Dauer wahrscheinlich die langsamste aller Möglichkeiten.

Tatsächlich leiden viele Führungsverantwortliche und auch Mitarbeitende darunter, zu wenig Unterstützung zu bekommen; sie fühlen sich allein gelassen, überfordert und mit ihrer Arbeit zu wenig geschätzt.

Zum Teil liegt das natürlich daran, dass „die anderen“ zum Zusammenarbeiten eher nicht in der Lage sind, aber zu einem anderen Teil könnte es auch andere Gründe haben …

Professionell?

„Softskills sind nur für Weicheier“ ist eine Antwort auf etwas. Vielleicht auf den Vorwurf, man müsse sich mehr kümmern?

Angelegenheiten routiniert und zügig zu erledigen, ohne viele Worte zu machen und nach Standards, die Sicherheit versprechen: das ist es, was man unter „Professionalität“ versteht. Bekommt man zu hören, man habe etwas nicht professionell gemacht, fühlt man sich schwer getroffen.

Hä? Fühlen?

Da sind wir schon beim Fühlen: es scheint sich mit Professionalität nicht zu vertragen, sogar ein krasser Widerspruch zu sein. Aber müssen Gefühle, wenn sie ins Spiel kommen, immer gleich ein riesiges Theater bedeuten? Falls es tatsächlich zu einem Drama kommt, kann das ein Hinweis darauf sein, dass bereits über längere Zeit vieles nicht gehört, nicht wahrgenommen oder marginalisiert wurde, bis es dann plötzlich explodierte.

Das Explodieren muss nicht unprofessionell sein – unprofessionell ist es eher, nicht vorher mitzubekommen, wenn sich so etwas anbahnt. Oder sich wegzuducken. Oder zu denken, man selbst hätte damit nichts zu tun.

Oh…auch mein Anteil?

Die Professionalität von Führungsverantwortlichen braucht also noch einiges mehr. An erster Stelle steht die Bereitschaft, für möglich zu halten, dass man an dem, was um einen herum passiert, einen Anteil hat.

Wohlgemerkt: einen Anteil, nicht: Schuld. Das ist beileibe nichts für Weicheier, sondern eine echte Mutprobe. Eigene blinde Flecken aufspüren, sich Überraschendem und Nichtplanbarem zu stellen und damit umzugehen, Differenzen auch mal stehen zu lassen – das braucht ganze Menschen.

Immer wieder wichtige Unterscheidung: <Funktionsträger> und <Mensch>

In bestimmten Situationen und Entwicklungsphasen ist es besonders wichtig, auch die Menschen hinter den Funktionsträgern zu erreichen und zu beteiligen: in Konflikten und bei Blockaden, wenn kreative Lösungen gebraucht oder große Dinge angefangen werden, wenn etwas zu Ende geht. Das dafür nötige Arbeitsklima braucht neben der professionellen auch eine ausgeprägte menschliche Komponente. Für alle, die Führungsverantwortung haben, bedeutet das:

  • Wahrnehmen können, was im eigenen Inneren und um einen herum passiert. 
  • Wissen, dass arbeitende Menschen ihre Wirksamkeit spüren wollen.
  • Respektieren, dass Höchstleistungen ein förderliches Klima brauchen.
  • Vertrauen niemals missbrauchen, auch nicht als Floskel!
  • Eigene Fehler eingestehen, eigene Unzulänglichkeiten und Schwächen wahrnehmen und respektieren.
  • Nachdenken und spüren, fragen und zuhören, der Intuition Raum geben.
  • Zeitdruck hinterfragen und Zeit wertschätzen.