Von „it’s all-about-me“ zum Zusammenarbeiten
Newsletter | Oktober 2014
Viele Krisen und Konflikte in Teams entzünden sich an der Unzufriedenheit einzelner Mitglieder. Da hat zum Beispiel einer den Eindruck, er mache die ganze Arbeit allein und der Rest des Teams liege auf der faulen Haut.
Oder das Team hat den Eindruck, Ideen und Lösungen würden von einem Einzelnen ständig blockiert, im Nachhinein abgelehnt oder auf andere Weise torpediert.
In solchen Konflikten wird eine einzelne Person oder eine einzelne Sichtweise so dominant, dass das Zusammenarbeiten des Teams nicht mehr funktioniert.
Mit „It’s all about me“ beschreiben wir einen Zustand, in dem sich alles um die eigene Person und die eigene Sichtweise dreht. Man sieht sich selbst als den Leuchtturm in der Brandung, als das einzige Wesen, das den Durchblick hat und weiß, was Sache ist.
Diese scheinbare Sicherheit des Urteils kann allerdings aus einer inneren Verfassung resultieren, die alles andere als sicher ist. Vielleicht gibt es da Furcht oder Sorgen, manchmal sogar Verzweiflung, die die Sicht auf das Geschehen überlagern und verdüstern. Das Verhalten wird rigide, fast zwanghaft, und andere fühlen sich davon angegriffen, missachtet, gekränkt.
„All about me“ – Selbstbezogenheit ist zerstörerisch
Ein Verantwortlicher hat Angst vor dem Scheitern eines Projekts, das er sich auf seine Fahnen geschrieben hatte. Er sagt „Ich habe alles in Bewegung gesetzt, habe mich immer zusammengerissen, dem Projekt alles gewidmet, und jetzt droht es zu scheitern. Was habe ich nur falsch gemacht, warum wird mein Einsatz nicht belohnt?“
Solche Zustände leichter bis schwerer Verzweiflung sind wahrscheinlich den meisten nicht ganz fremd. Gut, wenn sie zum Ausdruck kommen können.
Allerdings kommt hier nur einer vor. Wo sind die übrigen Beteiligten? Wer hat welche Aufgaben übernommen, wie passen die Ergebnisse zusammen, was bewirken sie für das Projekt? Was hat es mit der Frage der Belohnung auf sich? Ist es für das Projekt wichtig, ob der Verantwortliche sich damit eine Belohnung verdient?
Die Antwort: „Immer wenn wir im Meeting saßen, hatte ich den Eindruck, dass ich der einzige bin, der sich wirklich für das Projekt interessiert. Ich war intensiv beschäftigt, aber alle anderen schienen locker und unaufgeregt.“ Und weiter: „Je größer meine Angst vor dem Scheitern dieses Projekts wird, desto schwieriger wird es für mich, den anderen noch in die Augen zu sehen. Ich schäme mich. Und sie beschweren sich, ich sei aggressiv und brächte einen unangenehmen Ton in die Meetings. Vielleicht haben sie recht, aber ich weiß nicht mehr, wie ich mit ihnen umgehen soll.“
„All about me“ – Selbstbezogenheit ist nötig
Selbstreflexion ist unverzichtbar – nicht nur, aber besonders auch für Menschen, die Führungsverantwortung tragen. Wer sich selbst nicht wahrnimmt, kann auch andere nicht wahrnehmen. Selbstreflexion heißt, sich selbst Aufmerksamkeit zu geben, was oft als egoistisch gebrandmarkt wird. Aber wie soll man anderen Zuwendung geben, wenn man sie sich selbst vorenthält? Im Miteinander führt das zu Konflikten und Opfer-Täter-Dynamiken, die sich schnell hochschaukeln. Und plötzlich ist man ganz allein. Das ist das Signal: das Gefühl, völlig alleingelassen zu sein. Und nun?
Von „All about me“ zum Zusammenarbeiten
Lernen und Wachsen sind dran, wenn man aus der Allein-Ecke
raus will. Eine wunderbare Inspirationsquelle dafür kann der Fußball sein.
Wir hier in Darmstadt dürfen gerade miterleben, wie Trainer Dirk Schuster mit „20 professionellen Einzelunternehmern“ der hiesigen Fußballmannschaft Teamspirit generiert.
Drei Management-Dimensionen zu unterscheiden, lohnt sich immer
Die drei Management-Dimensionen wollen volle Aufmerksamkeit:
- Innere Arbeit: Die eigene Verzweiflung und den Druck so wahrnehmen, dass man erkennen kann, was darin Essentielles verborgen ist. Sich immer wieder um eine innere Verfassung bemühen, die persönliche Weiterentwicklung erlaubt, ohne andere dafür zu Opfern oder Tätern zu machen.
- Beziehungen gestalten: Der Fokus liegt auf der Beziehung zu der Person, mit der man am meisten im Clinch ist. Wenn es gelingt, Nähe zu ihr zu entwickeln und etwas Gemeinsames für möglich zu halten, kann man die Konflikte durchwandern und das Essentielle stärken. Extrem hilfreich ist hier die Anwendung des Führungs-Dreiecks.
- Führen im komplexen und dynamischen Feld: Ehrliches und transparentes Agieren im Kreis der Beteiligten, Aufmerksamkeit für das Verbindende und die Sichtweise, einen Werde-Prozess zu erleben. Wenn einer im Team alles auf sich zieht, dann könnte man versuchen herauszufinden, wo man die eigene Verantwortung wirksamer und teamorientiert übernehmen kann.