Low-Performing: ein Weckruf für das ganze Team

Newsletter  |  April 2013

Low-Performing? Low-Performing!
Zuerst dachten wir, das sei ein neues cleanes deutsches Wort für die Aktivitäten (!) dessen, den wir früher als „Fuulenzer“ (in Köln), die „Null“, den „eher apathischen Typ“ und „die Fehlbesetzung“ kannten.

Als wir dann auf einer Veranstaltung Thomas Dick und seinem Kollegen Eric Kessler zuhörten und ein Bild davon bekamen, wie komplex solche Tatbestände und der Umgang damit im deutschen Arbeitsrecht sind, wurden wir richtig wach.

Wach, weil wir hinter „nicht wollen“, „nicht können“ und „so geht es nicht“ Möglichkeiten wittern, auch noch etwas Neues zu entdecken.

Wir wollen die Sicht des Low-Performers erkunden, die außer Ärger auch noch einige Informationen für die bereithalten könnte, die sich dafür interessieren. 

Low Performing?

Manches Inspirierende für Teamgeist und verbesserte Leistungsfähigkeit von Teams oder Organisationen kam uns dabei in den Sinn.

Der Ursprung von Low-Performing ist Langeweile.

Verschwendung

So etwas kann passieren: ein Mitglied der Geschäftsführung eines Unternehmens scheint aus der Spur zu geraten. Es füllt seine elementare Verantwortung im Unternehmen nicht mehr aus, ist häufig abwesend, dennoch permanent beschäftigt. Weder mit seinen Kollegen noch mit seinem Team kommt es zusammen, und aus seinen Aktivitäten folgt keinerlei sichtbares Geschäft. Das Kerngeschäft des Unternehmens scheint ihm außer Sicht geraten zu sein.

Low-Performance? Ja, denn die Leistung, die das Team braucht, kommt nicht, und die Leistung, die erbracht wird, ist aus Sicht der anderen Ressourcenverschwendung.

Überlastung

Und die Team-Kollegen? Sie versuchen, durch erhöhten organisatorischen Aufwand und strukturelle Maßnahmen „Ordnung“ zu schaffen. Sie werfen sich selbst in die Bresche und arbeiten Tag und Nacht.

Auch der Low-Performer selbst scheint sich innerlich aufzureiben: er beklagt die Erfolglosigkeit der anderen, die Blindheit der Kunden, und erfolgversprechend sehen für ihn nur noch die Strategien des Wettbewerbs aus.

Feldeffekte

Feldeffekte

Wir sehen ein Unternehmen als Feld.

Im hier vorgestellten Feld gibt es an einer Stelle zu viel und an einer anderen zu wenig. Die Auffassungen darüber, an welcher Stelle Einsatz wichtig und zielführend ist und an welcher nicht, gehen scharf auseinander.

Betrachtet man das Feld, so gehört beides dazu, und beides ist in unterschiedlicher Weise richtig. Was in der Kultur eines Unternehmens geachtet und belohnt wird, kann sehr unterschiedlich sein. Im einen Fall mag es der Nachweis kontinuierlicher Aktivität sein, im anderen zählen vielleicht Beweglichkeit und Offenheit für Neues.

Ein Low-Performer wird sich nach dieser Kultur richten und ihre Vorgaben wahrscheinlich formal erfüllen. In unserem Beispiel sorgt er dafür, permanent beschäftigt zu sein, aber seine Kollegen sehen das anders.

Die Unterschiedlichkeit der Sichtweisen könnte ein Signal dafür sein, dass es akuten und vielleicht schon länger aufgestauten Veränderungsbedarf gibt, dass die Kultur diese Veränderung aber (noch) nicht unterstützen kann oder will.

Bindungsverlust

Ein Low-Performer wird zum Außenseiter. Er verliert die Bindung zu Kollegen und
Mitarbeitern, und zum Sinn dessen, was er tut. Er ist allein. Und er wird leicht zum
Feindbild und zu einer Projektionsfläche, auf die alles geworfen wird, was man im
Unternehmen nicht haben will.

Die eigene Arbeit macht keinen Sinn mehr, keinen Spaß, ist weder effektiv noch effizient. Man selbst sieht es so, und die anderen sehen es bald auch so. Man ist nicht nur kein Gewinn mehr für das Team, sondern man wird immer mehr zur Last. Die Verbindung zum Team wird immer schwächer, es gibt kein positives Feedback mehr, der Sinn für den gemeinsamen Zweck geht verloren.

Lösungswege

Aus Sicht des Low-Performers: Es geht darum, den Weg ins Team wieder zu finden und zu gehen – um dann dort wieder eine Bleibe zu finden oder sich ein neues Team zu suchen. Das Schwierige: man muss um Hilfe bitten. Eine Ausdrucksmöglichkeit für die eigene Schwäche oder Ratlosigkeit finden, sich verletzlich zeigen und die Kollegen um Hilfe bitten. Die Trauer spüren, die dieser Prozess auslöst. Sich dem Geschehen stellen, den Prozess so neugierig wie möglich durchlaufen, lernen wollen.

In solchen Gesprächen ein guter Gastgeber sein und das Feld in den Blick nehmen: bin ich hier richtig? Sind die Ziele auch meine Ziele, kann ich mich Sinn und Zweck anschließen? Kann ich mich in die Bedürfnisse der anderen einfühlen, ohne darüber ein Urteil zu fällen? Besteht für mich die Aussicht auf Erfüllung und Zufriedenheit? Oder muss ich mich hier verabschieden?

Lösungswege

Aus Sicht der Kollegen und/oder Vorgesetzten: Schnell reagieren und nicht abwarten, damit sich die Dinge nicht festsetzen und zum neuen Standard werden. Es lohnt sich, den Low-Performer nach seinen Beweggründen zu fragen. Ruhig einmal über die Schwelle treten und Gast des Low-Performers sein.

Was ist seine Botschaft für das Team, fürs Unternehmen? Können wir seine Sichtweise als Anregung aufnehmen? Zeigt sie uns etwas über uns, das wir lieber nicht sehen würden? Auch hier ist die größtmögliche Offenheit und Verletzlichkeit das beste Mittel, um etwas Neues zu erfahren. Verletzlichkeit in dem Sinne, dass man etwas übersehen haben könnte, etwas besser
machen könnte, die eigene Sichtweise nicht verteidigen muss.

Das Geschehene nicht ungeschehen machen wollen, sondern den Prozess bewusst durchlaufen, erleben und aktiv gestalten. Ihn dann abschließen, die notwendigen Schritte tun (ggfls. auch juristisch), um gestärkt und um einiges klüger weiterzuziehen.

Lösungswege

Aus Sicht des Feldes: Alles tun, um Rache zu vermeiden. Die Gefahr, dass das Low- Performing im Feld weiterwandert, ist groß.

Der Low-Performer zieht viel Aufmerksamkeit auf sich. Das wirft die Frage auf: wie sehen die Beziehungen der High-Performer zum Team aus? Gibt es bei ihnen ausreichend Bereitschaft für Vielfalt und Wohlwollen?

Low-Performing ist gefährlich und ein Zerstörer der fruchtbaren und effektiven Zusammenarbeit in Teams.

Andererseits ist es ein Signal, dem Zentrum und der Mitte des Teams große Aufmerksamkeit zu geben. Und damit sogar demjenigen, der gerade die Low-Performing-Position inne hat, die Perspektive zu geben, dass er Mitverantwortung hat, und dass es sich lohnen kann, wieder Teil des Teams zu werden.

Lösungswege