Tragfähige Entscheidungen brauchen Kohäsion

Newsletter  |  Mai 2015

Gemeinsamkeit und Zusammenhalt sind natürliche und gleichzeitig widersprüchliche Elemente des Lebens in Unternehmen: Auf der einen Seite werden sie hoch geschätzt, und kaum jemand würde sagen, „so etwas brauchen wir hier nicht.“ Und dennoch scheint es gerade in Schwierigkeiten genau darauf hinauszulaufen: Was nicht unmittelbar zur Lösung beiträgt, wird aussortiert. Schnell zählen dazu auch Aktivitäten, die dem Zusammenhalt und Zusammenarbeiten im Team dienen, denn im Stressfall verengt sich der Blick auf das unmittelbare „Machen“ nach dem Motto „Hier geht es um nackte Zahlen und nicht um irgendwelchen Firlefanz.“

Muss das so sein? Ja. Denn wenn man nicht in guten Zeiten trainiert hat, wird es so kommen.

Welche Möglichkeiten zum Training gibt es in guten Zeiten, um auch in schwierigen Situationen auf Kohäsion bauen zu können?

Ist das vielleicht der Weg, wie man mit Attacken umgehen kann:  man hält das Ziel im Auge und akzeptiert gleichzeitig die Attacke, die genau das in Frage zu stellen scheint?

Plötzlich geht nichts mehr

Eine Teambesprechung steht kurz vor dem Abschluss, und dann plötzlich kracht es. Einer fühlt sich von einer Aussage verletzt, wirft mit Vorwürfen um sich, blockiert alle weiteren Vorschläge. Die bis dahin fruchtbare Arbeit scheint umsonst gewesen zu sein. Wie geht man mit einer solchen Situation um? Den Verantwortlichen rauswerfen? Ihn zur Besinnung aufrufen, verlangen, er solle sich „nicht so anstellen?“ Persönliche Empfindungen? Ha! Dabei gehören sie immer dazu – in schlechten Zeiten ebenso wie in Momenten, in denen etwas drauf und dran ist, genial zu werden.

Die Blockade respektieren und sprechen lassen

Begriffe wie Gemeinsamkeit und Zusammenhalt können, wenn man nicht aufpasst, für Friede-Freude-Eierkuchen-Spielchen missbraucht werden. Darum geht es hier nicht. Blockaden kosten Zeit und Geduld und stellen alle Beteiligten auf eine harte Probe – immer. Dennoch kann die Teamkultur einen großen Unterschied machen. Im obigen Fall ist zu klären: Ist die Verletzung des Blockierers eine temporär zwar unangenehme, aber eher vorübergehende Angelegenheit; hat er vielleicht etwas falsch verstanden, das sich im Gespräch klären lässt? Oder handelt es sich um eine nachhaltige und tiefe Verletzung, so dass bei ihm wirklich nichts mehr geht? Ist vielleicht etwas an die Oberfläche gestiegen, das schon länger in der Tiefe rumorte?

 

Gemeinsamkeit und Kohäsion erarbeiten

Je besser sich das Team versteht, desto leichter sind solche Situationen zu meistern. Die Blockade einer Minderheit kann eine wichtige Botschaft für das Unternehmen enthalten, allerdings muss man sie sich erarbeiten. Hat der Blockierer mit einigen seiner Positionen recht, sagen sie etwas über das Unternehmen aus? Vielleicht gibt es einen kritischen Fehler, den der Blockierer entdeckt hat, aber er hat nicht die richtigen Worte gefunden, um sich auszudrücken? Unter Zeitdruck wird konstruktive Kritik schnell(!) marginalisiert. Die Mehrheit ist überzeugt, alles ginge viel schneller, wäre dieser eine Typ nicht dabei.

Gut, wenn sich das Team all dieser Stimmen bewusst ist, denn dann kann es mit ihnen umgehen. Gehen die Teilnehmer davon aus, dass ihr Gegenüber sie nicht persönlich angreifen will, können sie sich leichter auf einen Lösungsweg machen, der die Stimme des Blockierers achtet.

Genau dazu wird ein Zugehörigkeitsgefühl im Team gebraucht, nur so können Gemeinsamkeit und Vertrauen als Grundlage für die Lösung schwieriger Situationen entstehen.

Wie macht man das? Einige Tipps, wenn das Kohäsive angegriffen wird:

  • Für möglich halten, dass es nicht nur das Problem des Angreifers ist
  • Pause machen, wahrnehmen, wirken lassen
  • Anerkennen, dass es ein Problem aller ist: Kohäsion wird angegriffen
  • Entscheiden: ist es für unser jetziges Ergebnis relevant? Wenn ja: Soforthilfe!
  • Wenn nein: Unser Ergebnis bleibt, wie es ist. Dem Problem räumen wir Extrazeit ein – wir machen dafür sofort einen Termin. Darin kommt zum Ausdruck:
  1. Vertrauen: wir vertrauen darauf, dass die Störung etwas Wichtiges sagt
  2. Fokussierung: wir stellen unser Ergebnis fertig und lassen eine Erkenntnis einfließen, die wir durch die Blockade haben: Offenheit für Widerspruch, oder „wir machen hier nichts Endgültiges …“
  3. Kohäsion: alle Beteiligten sind sich darüber einig, dass sowohl Kohäsion als auch Widerspruch ihnen wichtig sind.

Das Team aus dem Beispiel

Die Mehrheit entschied, das bereits erreichte Resultat beizubehalten und die Lösung des Konflikts zu vertagen. Einige Tage später setzte man sich wieder zusammen, und ohne den Ergebnisdruck war es möglich, den Widerspruch aufzunehmen und gemeinsame Schlüsse daraus zu ziehen. Die Kohäsion des Teams wurde erfrischt und gestärkt.