Inneres Management #1: etwas Technik, eine gute Prise Kunst und immer alltagsfähig
Newsletter | Juli 2021
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Inneres Management: Es müsste eigentlich das mächtigste und wichtigste Thema für alle sein, die aktiv und bewusst führen, sich an Wirksamkeit & Erfolgen erfreuen möchten und auch ihr Auskommen im Blick haben. Müsste, könnte, sollte … Inneres Management gehört auch zu den Dingen, die immer wieder wegrutschen. Wir halten es jetzt mal im Blick und fangen ganz vorn an:
Innere Arbeit landet leicht in der Schublade „das-gehört-hier-nicht-hin“. Aber sie ist eine zentrale Managementaufgabe, die viel Aufmerksamkeit braucht.
Es gilt nämlich, innerlich das zu managen, was einen selbst ausmacht und was (eigentlich) zur Verfügung steht.
Es gilt, mit Führungssignalen, mit Potenzialen, mit Linearem und auch Nicht-Linearem, mit Kommunikation und Resonanz bewusst umzugehen.
Es gilt, Attacken von Zwist & Zweifel zu managen, mit Glück und auch mit Unglück umzugehen und innere Verbündete zu pflegen.
Das alles ist sehr persönlich und individuell. Und dennoch gehört es hierher. Denn Führen, Erfolg haben, für andere da sein, das Beste aus etwas machen – das ist in jedem Kontext etwas höchst Kreatives und braucht den bewussten Umgang mit Strukturen.
Ohne Inneres Management ist das nicht möglich. Deshalb muss dazu mal die ganze Wahrheit auf den Tisch. Hier kommt der erste Teil:
Am Anfang tut es weh
Eine Organisation, mit der wir in letzter Zeit viel zu tun haben: Sie zeigt sich nach außen unfähig zu verbindendem Dialog und gemeinsamem Entwickeln von Lösungen. Im Gegenteil: Sie reduziert beteiligte Menschen zu Rechtssubjekten und kann mit eigenen Fehlern nicht umgehen. Veränderungsimpulse zieht sie mit scheinbarer Freundlichkeit sofort aus dem Verkehr. Wer sich von ihr Unterstützung wünscht, ist auf dem falschen Dampfer.
Wenn man die Menschen in der Organisation erlebt, scheinen sie sich in Endlosschleifen zu drehen. Sie scheinen seltsam „verstellt“ zu sein, reagieren automatisch mit Abwehr & Untätigkeit. Follow-up gibt es nicht. Regeln & Verbote sorgen bei Kontaktsuchenden für kontinuierliche Überbelastung. Trotzdem herrscht kein Mangel an Kunden, denn die werden von Amts wegen zugewiesen.
Was schmerzt, ist die Blockade gegen Dialog & Austausch.
Was schmerzt, ist der Mangel an Wohlwollen für die Beteiligten und für die Betroffenen von Entscheidungen.
Was auch schmerzt: Richtiges und Angemessenes wird in seiner Tiefe nicht berücksichtigt oder gar gewürdigt.
Es wirkt, als wäre etwas abgestorben.
Inneres Management: etwas Technik
Inneres Management kann man nur für sich selbst betreiben. Dazu hat jeder Mensch – und damit auch jede Führungsperson – eine eigene, höchst individuelle Ausstattung. Die will genutzt und trainiert werden, damit man in Verantwortung für sich selbst und für andere handeln kann. Verantwortung im Sinne von response-ability: auf das, was geschieht und einem begegnet, adäquate Antworten zu finden.
Einige Beispiele hilfreicher Techniken:
- mit sich selbst in Kontakt kommen
- Bewusstsein für den eigenen inneren Zustand entwickeln
- Innere Ruhe finden durch bewusstes Atmen und Kontakt zum Boden
- sich mit dem verbinden, was einen zutiefst ausmacht
- mit (eigenen) Grenzen umgehen
- sich fragen: „bin ich gerade Gastgeber*in oder Gast?“
Das erste könnte immer sein, auf den eigenen Körper zu hören, denn seine Signale sind äußerst zuverlässig. Wohlwollen entwickeln, zunächst für sich selbst, ist das nächste.
Wenn man diesen Weg beginnt, setzt er sich irgendwann wie von selbst fort. Der eigene Stil entfaltet sich dabei immer deutlicher.
Inneres Management: eine gute Prise Kunst
Inneres Management lädt die Vielfalt und den Reichtum des Inneren ein – um sie klingen zu lassen und zum Ausdruck zu bringen. Genau das hat mit Kunst zu tun.
Dabei spielt auch das Träumen eine große Rolle.
Mehr und mehr entwickelt man ein tiefes Gespür für das, was jeweils gerade gebraucht wird und handelt entsprechend – manchmal sehr behutsam, manchmal auch krass.
Auch Zuhören ist ein Teil dieser Kunst. Wohlwollen ebenso – oder auch zu bemerken, dass genau das gerade nicht möglich ist.
Diese Kunst will transformieren und qualitatives Wachstum ermöglichen, essentiell und aus der Tiefe.
Hier stimmt auch der Spruch „Kunst kommt von Können“. Inneres Management ist auch Pflegen, Ausprobieren und Experimentieren.
Dazu verbindet man sich – zuhörend, still, spürend – mit dem, was seelisch nährt, was gut tut und auch seelisch „verdauen“ lässt. Das hat mit der eigenen Essenz zu tun.
Inneres Management: immer alltagsfähig
Inneres Management hat sein Trainingsgelände im Privaten – da, wo man Zeit und Kapazitäten hat, dem Inneren Aufmerksamkeit zu geben. Es gehört ausschließlich einem selbst, und niemand sonst hat da zu bestimmen. Daran ändert sich auch nichts, wenn man externe Unterstützung wie Organisationsentwicklung, Coaching oder Therapie nutzt.
Gleichzeitig findet es vom Prinzip her mitten im vollen Alltagsleben statt. Alles Mögliche strahlt hinein. Aus der Vergangenheit, der Gegenwart, der Zukunft und aus der Zeitlosigkeit. Und alles Mögliche strahlt auch hinaus: in die Vergangenheit, in die Gegenwart, in die Zukunft und warum nicht auch in die Zeitlosigkeit?
Gut gepflegtes und lebendiges inneres Management ist die beste Art, mit den Gegebenheiten des Alltags umzugehen. Es wird vielleicht nicht alles sofort leichter, aber man kann mit vielem besser und transformativer umgehen.
Die Beteiligten merken es daran, dass es Wohlwollen gibt – und hin und wieder Momente von „Flow“.
Mit innerem Management kann man sich auf wichtige Meetings vorbereiten, und mit ausreichender Übung lässt es sich im dynamischen Alltag in Sekundenschnelle praktizieren. Um Bedürfnisse wahrzunehmen, die eigene Position zu klären, kurz aufzutanken, sich zurechtzurücken, für saubere Grenzen zu sorgen, Ruhe zu finden, Stille zu praktizieren …
Am Ende kann es immer noch weh tun – aber anders
Wenn man mit einer Organisation wie der eingangs beschriebenen zu tun hat, ist man Hemmnissen ausgesetzt, die quälend sind. Am liebsten würde man „reinschlagen“ oder, leiser, resignieren, die Schultern zucken und weggehen: „sollen sie doch ihren Sch… alleine machen“.
Wenn man allerdings inneres Management betreibt, könnte man entscheiden wollen, dranzubleiben. Weil man spürt, dass es doch anders werden könnte.
Wenn man das innere Management fortsetzt, könnte man von dieser Organisation, „die schon immer so ist“, etwas Essentielles lernen.
Man könnte lernen, dass für einen langsamen und kontinuierlichen Veränderungsweg die besten Begleiter „Geduld“ und „Zeitlosigkeit“ heißen. Und dass man genau die braucht, um in einer Art von „performative action“ das einzuspielen, was bisher fehlt:
Dialog…, Zuwendung…, Lebendigkeit.
Die konkrete Umsetzung braucht dann genau das, was in der Organisation (noch) nicht gepflegt wird:
- Man baut eine Gruppe von Akteuren auf, die den Schmerz ebenfalls spüren und für eine zweitbeste Lösung halten.
- In dieser Gruppe pflegt man dann einen kommunikativen Stil, der auch in Zerreißproben das Miteinander wachsen lässt und den Dialog nach draußen offen hält.
- Das kann auf Akteure im Umfeld anziehend wirken und den Kreis wachsen lassen.
- Man lässt Wohlwollen entstehen – für sich selbst, für das So-Sein der Organisation, für den Schmerz, für die Anliegen und Nöte der Beteiligten, für einen zukünftig besseren Zustand.