Lebendigkeit leben
Newsletter | Mai 2022
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Ganz in unserer Nähe tobt eine menschliche und politische Katastrophe. Sie ist so nah und so real, dass Wegsehen unmöglich ist. Der Schrecken dringt tief in uns ein und organisiert unser Denken und Empfinden. Die Sehnsucht, dass alles doch irgendwann irgendwie gut ausgehen möge, prägt das tägliche Handeln.
Wir erleben Nachrichten und Bilder, die eigentlich nicht zu verarbeiten sind. Sie machen hilflos, wütend, verzweifelt. Propaganda zu hören, die seit Jahren den Boden dafür bereitet hat und jetzt die Opfer verhöhnt und verleumdet, ist kaum auszuhalten.
Wir geraten aus dem Takt, aus dem Gleichgewicht, wir kommen unter Druck und verlieren die Freude am Leben. Freude am Leben? Ja, Lebendigkeit muss sich behaupten dürfen.
Es ist lebendig, wütend und verzweifelt zu sein, und es ist auch lebendig, das Leben und die Lebendigkeit nicht aus den Augen zu verlieren.
Es ist lebendig, die eigene Wut und den Schmerz wahrzunehmen, sie zu erden und zu „verdauen“. Es ist lebendig, den Weg durch die Katastrophe und aus der Katastrophe hinaus zu gehen.
Aber wie kann man in einer solchen Situation lebendig und lebensorientiert bleiben oder werden?
Überraschend, bewegend, ansteckend, klar
In Lebendigkeit kommt die Kraft zum Ausdruck, die das Leben ausmacht. Und dieser Ausdruck ist individuell, auch das macht das Lebendige aus.
Lebendigkeit zeigt sich oft überraschend, sie kann bewegend sein, starke Gefühle auslösen und hat auch immer damit zu tun, Neues zu entdecken.
Sie kann nerven, wenn man selbst gerade ganz woanders ist. Man kann sich von ihr anstecken lassen, wenn man will. Man kann sich für sie entscheiden, und manchmal muss man sie sich erlauben, wenn man nicht versinken will.
Lebendigkeit verbindet und hilft in bedrohlichen Situationen beim Überleben. Sie weist in die Zukunft.
So könnte man beginnen, sich für Lebendigkeit zu öffnen:
-> präsent sein & wahrnehmen
-> Gefühle zulassen & spüren, sie erden & verdauen
-> Kurs halten
-> Grenzen klären und respektieren
-> ausprobieren & lernen
-> handeln & sich im Alltag engagieren.
Hoffnung: der Zukunft einen Weg bahnen
Es ist eine Überzeugung: Hoffnung ist eine feine Basis für Lebendigkeit. Hoffnung, die keinen Grund braucht, aber Befürchtungen ernst nimmt. Die ein Wozu zum Ausdruck bringt: Für irgendetwas wird es gut sein, was wir gerade erleben, was wir gerade tun und als nächstes tun wollen. Warum sollte dabei nicht etwas Gutes herauskommen, das wir uns heute noch gar nicht vorstellen können?
Die Hoffnung ist es, die uns im Prozess hält und uns weitermachen lässt. Die uns erlaubt, offen und bereit zu sein für alles, was wir noch nicht kennen. Sie erlaubt uns, Signale und Synchronizitäten wahrzunehmen und ihnen zu folgen.
Interessant ist der Moment, in dem aus Hoffnung Gewissheit wird. Es gibt etwas zu feiern. Und wenn man weiter lebendig sein möchte, lohnt es sich zu überlegen, welche nächste Hoffnung jetzt der Zukunft den Weg bahnen kann.
Beziehungen intensivieren, Gemeinschaft bauen
Auch aus diesem Krieg und seinen Folgekrisen kann eine Zukunft entstehen, die aktuellen Erfahrungen Rechnung trägt und offen für noch unbekannte zukünftige Möglichkeiten ist. Das braucht Lebendigkeit und Lernbereitschaft auf allen Ebenen: individuell, gemeinschaftlich, wirtschaftlich, politisch.
Jede und jeder kann sich in den Feldern, in denen sie aktiv sind, für Lebendigkeit einsetzen.
Wer führt, hat sogar eine gewisse Verantwortung dafür – in dem Sinne, dass die Antworten auf Herausforderungen lebensorientiert sind.
Führende haben die zusätzliche Chance, ihren Teams wertvolle gemeinsame Zeit zu ermöglichen.
Führende, Teams, Organisationen, Individuen können miteinander viel für Lebendigkeit tun, indem sie bewusst:
-> Beziehungen & Austausch pflegen
-> Wohlwollen & Mitgefühl praktizieren
-> Verbindungen schaffen
-> gemeinsam handeln
-> unterstützen und helfen …
… und nicht vergessen, auch mal zu feiern, wenn es dran ist!
Bildausschnitt aus einem Werk von Marianne Jensen, Wiesbaden