New Work & Selbst-Verantwortung
Newsletter | November 2024
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Führungspersonen, die mit uns Organisationsentwicklung im New Work-Style gestartet haben, äußern immer wieder, dass sie sich selbstverantwortlich und engagiert handelnde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wünschen.
Die Intensität des Wunsches überrascht uns jedes Mal aufs Neue. Denn der Wunsch klingt nicht so, als ginge es darum, Regeln und Anweisungen von oben besser nach unten durchzusetzen. Für uns klingt es so, als sagten sie: „Wenn die Einzelnen ihre Selbstverantwortung voll in Betrieb haben, sind wir als Organisation lebendig & frisch & echt & handlungsfähig“. Für uns spricht da die tiefe Überzeugung, dass jede und jeder Einzelne individuelle Fähigkeiten und Möglichkeiten hat, deren Entfaltung der Organisation gut tut.
Tatsächlich ist Organisationsentwicklung im New Work-Style eine gute Möglichkeit, auch der Sehnsucht nach tiefgreifender Veränderung von Führen und Zusammenarbeiten einen Weg in den Alltag zu bahnen. Selbstverantwortung ist ein guter Einstieg.
Aber was ist denn Selbstverantwortung? Wikipedia kennt den Begriff nicht. Anders der Führungsexperte Reinhard Sprenger: Für ihn ist es ein inneres Mindset, ein Bewusstsein der eigenen Möglichkeiten, um Leben und Arbeiten selbst zu gestalten.
Durchziehen? Absagen? Etwas Neuem auf den Weg helfen?!
Ein Berufskollege erzählt uns von seinem Dilemma: Er ist für einen mehrtägigen Weiterbildungs-Workshop bei einem guten Kunden gebucht. Aber kurz vor dem Starttag ist er plötzlich gesundheitlich schwer angeschlagen.
Als Profi könnte er auch unabhängig von seinem persönlichen Zustand mit einer Gruppe von 15 Führungspersonen gute Arbeit leisten. Und er versteht sich als Dienstleister, der zu seinem Wort steht.
Aber er spürt auch, dass er seine Gesundheit ernst nehmen muss. Diesmal ist „Durchziehen“ keine Option. Auch wenn er mit einer so kurzfristigen Absage die Teilnehmenden, die längst im Countdown sind, abrupt stoppen wird.
Er sagt den Organisatoren ab. Und schreibt dann den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine kurze Mail, um die Situation zu erklären. Im Sinne des Spirits der Weiterbildung empfiehlt er ihnen, die überraschend frei gewordene Zeit bewusst wahrzunehmen: Wozu ist jetzt Raum? Wie wird er genutzt? Wie verändert sich die Wahrnehmung der zunächst sehr unangenehmen Situation? Was kommt jetzt vielleicht in Gang?
Selbstverantwortung ist nichts zum Einschlafen
Damit hat der Kollege den Beteiligten, seinem Unternehmen und sich selbst etwas Raum verschafft. Auch wenn die Verantwortlichen beim Kunden – ähnlich wie er selbst – jetzt in einer schwierigen Situation sind. Möglicherweise wird er den Kunden sogar verlieren.
Er hat in dieser unsicheren Situation eine gewisse Sicherheit geschaffen.
Die Beziehung ist „sauber“, und Vertrauen ist im Feld.
Die abrupte Veränderung bietet nun allen die Chance, selbstverantwortlich mit der Situation umzugehen. Mit etwas Glück könnte sich eine künstlerisch-transformative Wirkung daraus entfalten.
Selbstverantwortung hat auch anstrengende Seiten. Man liegt zum Beispiel nachts wach und wird von Gedanken oder Befürchtungen gequält, die einem nicht nur „durch den Kopf“, sondern durch den ganzen Körper gehen. Man kann in Dilemmata geraten. Oder man fühlt sich mit einer ethischen Position, die man vertritt, völlig allein.
Selbstverantwortung hat eine große Spannweite
Selbstverantwortung spricht die eigenen Möglichkeiten, Qualitäten und Fähigkeiten an. Das beginnt damit, sie zu kennen und auch einzusetzen. Und sie durch Lernen stetig weiter zu entwickeln.
Am Anfang steht also mal wieder Inneres Management, das Umgehen mit sich selbst. Dazu gehört auch das Wahrnehmen dessen, was im eigenen Inneren passiert und dessen, was im Umfeld geschieht. Diese beiden Wahrnehmungsfelder klar voneinander zu trennen, ist essentiell, um selbstverantwortlich zu handeln und hilft dabei, nicht in einer Opferposition hängen zu bleiben.
„Wer etwas bewegen will, bewegt am besten zuerst sich selbst“ (statt anzunehmen, man könne nichts tun). Dazu gehört, das zu tun, was man kann.
Dazu gehört auch wahrzunehmen, wenn man etwas nicht kann – und diese Einsicht weder vor sich selbst noch vor anderen zu verstecken. Es gibt wahrscheinlich jemand, die oder der es kann. Es ist wichtig, die Möglichkeiten anderer anzuerkennen. Dann kann man so handeln, dass sie sich dazu eingeladen fühlen, von diesen Möglichkeiten auch Gebrauch zu machen. Auch das ist Selbstverantwortung.
New Work: der perfekte Rahmen für Selbstverantwortung?
Unsere Antwort ist ein klares JA.
Selbstverantwortung kann Motivator und Motor für zahlreiche Fähigkeiten und Kräfte sein: beweglich bleiben, weiterkommen wollen, Neues entdecken und entfalten.
Selbstverantwortlich zu handeln kann auch Stresserkrankungen und Burnout verhindern, denn man macht sich nicht zum Opfer. Damit erleichtert sie auch das Gestalten von Beziehungen und Verbindungen.
Zu allem, was man selbstverantwortlich getan oder entschieden hat, kann man stehen – vor allem auch dann, wenn man vielleicht Fehler gemacht hat. Dann braucht man sich nicht ganz so lange mit der Schuldfrage zu beschäftigen, sondern kann herausfinden, wofür man an dieser Stelle dankbar sein kann.
Organisationsentwicklung im New Work Style kann streckenweise ziemlich anstrengend sein. Man arbeitet dabei nicht nur an der Entwicklung der Organisation, sondern auch die beteiligten Menschen entwickeln sich weiter – und verändern sich.
Viel Überraschendes kann da geschehen! Für Führungspersonen, die sich selbstverantwortliche Mitarbeitende wünschen, ist daher New Work eine gute Wahl.
Was die Inbetriebnahme von Selbstverantwortung fördert
Sinn für Vielfalt: Polaritäten gehören zum Leben dazu, denn „nichts ist wahr ohne sein Gegenteil“. Wenn etwas heranreifen und richtig gut werden soll, braucht man sie sogar. Ohne sie gäbe es keine Coolspots, in denen klar wird, was wirklich passt und als nächstes dran ist. Das Wissen um die vier Phasen und Coolspot-Management® ist hier hilfreich, damit Geduld und Contenance durchhalten.
Gelingendes Miteinander: Verbindungen brauchen saubere Grenzen. Man muss vielleicht noch lernen, dass ein Miteinander Grenzen braucht, um den gemeinsamen Handlungsspielraum stabil zu halten und behutsam vergrößern zu können. Konflikte müssen eine Chance haben, sich zu melden, damit sie in förderliche Ressourcen transformiert werden können. Arbeiten im Kreisformat und eine transparente Kommunikationskultur sind dazu gute Mittel.
Sicherheit: Wer Neues angehen möchte, braucht Sicherheit. Sie kann aus einem vertrauensvollen Miteinander kommen und aus vielen anderen Quellen. Sicherheit erleichtert Kreativität, Mut, Pioniergeist und stärkt künstlerisch-transformative Kräfte. Auch saubere Grenzen geben Sicherheit. Die Sicherheit muss die Akteurinnen und Akteure wirklich erreichen und auch von ihnen wahrgenommen werden. Das Paradigma von Gast & Gastgeber unterstützt dieses Wahrnehmen von „Führen und sich führen lassen„.
Vertrauen: Wenn man Vertrauen für möglich hält und es praktizieren kann, werden auch Ängste und Zweifel zu wertvollen Begleitern. Da sie sich ohnehin nicht einfach vertreiben lassen, kann man lernen, mit ihnen umzugehen. Prinzipiell sind sie in Ordnung und können wertvolle Hinweise geben.
Glück: Wie schön, wenn man weiß, dass es richtig gutes Funktionieren und Gelingen gibt, weil man es schon erlebt hat. Wenn man bewusster wahrnehmen möchte, wie manches sich von selbst fügt, könnte man feststellen, dass es häufiger geschieht als vermutet. Ein echter Glücksbringer!
Selbstcoaching für wirksames Führen: Selbstverantwortlich führen – das schafft Spirit
Alle Bilder aus der Ausstellung Casablanca Art School in Frankfurt 2024: mit Berrechid von Mohammed Mlihi, mit Voyage Cosmique von Mustapha Hafid, mit Untitled von Mohamed Melehi, mit L’onde et son ombre von Farid Belkahia, mit Sleeping Manhattan von Mohamed Melehi