Im Idealfall ist Weiterentwicklung etwas Bewegliches und Sinnorientiertes, neugierig und offen.

Allerdings gibt es im menschlichen und organisatorischen Alltag immer auch gute Gründe für Verharren und Festhalten. Wenn aber Gründe das Kommando übernehmen, ist die erfrischende Wirkung von Sinn schnell verscheucht.

Wer gut zuhört, kann außer dem Schmerz darüber, dass das so ist, auch eine Sehnsucht spüren. Oft bei den Jüngeren, oft auch bei denen, die Zugang zu Potenzialen und Möglichkeiten haben.

New Work hat sich über die letzten Jahrzehnte im deutschsprachigen Raum immer wieder als Aufbruch-Idee und Konzept gemeldet. Für die, die es anspricht, ist es eine Antwort auf die Sehnsucht. Nach mehr Lebendigkeit, mehr Erfüllung, mehr Gestaltungs-freude.

Alte Hasen und Abgebrühte aber hören darin die Aufforderung, automatisch abzuwinken: „das haben wir vor 20 Jahren schon gemacht“ oder „wenn wir dem folgen, können wir kein Geld mehr verdienen!“

Zum Glück lassen sich die Kräfte und Energien, von denen Veränderungen leben, nicht einfach unter den Teppich oder ins Kältefach schieben.

Vielleicht kann man auch mal an die Rhythmen der lebendigen Natur denken: Da, wo etwas zu Ende geht, will mit großer Wahrscheinlichkeit Neues entstehen. Bis auch dieses Neue wieder von einem neuen Neuen abgelöst wird.

Alles schon vorher zu wissen, ist eher alt

Alles schon vorher zu wissen, ist eher alt

Für eine Organisation (und auch für Menschen) ist es oft schwer, sich auf den Weg von etwas Altem zu etwas Neuem zu machen und sich dabei dem Neuen wirklich anzuvertrauen.

Denn selbst dann, wenn man den „Ruf“ zum Neugestalten hört und sich Erleichterung wünscht, macht unbekanntes Neues eher Angst.

Manche hängen sich dann gern ein Mäntelchen der Beliebigkeit um und verkünden schnell, wie es gehen sollte, oder wie gut es alle anderen machten.

Wer immer schon vorher weiß, wie es geht, alles sofort planen und festzurren will, kann vieles verpassen. Denn wirklich Neues, Inspirierendes und Erfrischendes kann sich nur dann entfalten, wenn man dazu bereit ist, es wenigstens für möglich zu halten.

Wer aber die Angst vor dem Neuen spüren kann, ohne ihr zu folgen, hat die Chance, zu dem zu kommen, was wirklich essentielle Sicherheit gibt.

Drei Handlungsfelder in New Work-Balance

 

New Work ist kein allgemeingültiges Konzept, sondern darf (und muss) in jeder Organisation individuell aus der Tiefe entwickelt werden. Es geht darum, sinnorientiert und mit der Kraft der eigenen Potenziale drei Handlungsfelder zu bearbeiten. Mit dem Ziel, sie immer wieder in Balance zu bringen.

Das erste Handlungsfeld ist das Wohl der Organisation: Hat sie eine attraktive Ausstrahlung? Bietet sie einen sicheren Raum für Entwicklungsmöglichkeiten? Ist sie nachhaltig überlebens- und existenz- fähig? Sind Spirit und Lebendigkeit spürbar? Gibt es eine balancierte Atmosphäre? Kann man sich gut mit der Organisation identifizieren?

Hier geht es um Robustheit – und nicht darum, alles „lieb“ und politisch korrekt aussehen zu lassen.

Wohl der Organisation
Wohl der Mitarbeitenden

Das zweite Handlungsfeld ist das Wohl derer, die in der Organisation arbeiten. Dazu gehört als erstes Prinzip, dass jede und jeder für das eigene Wohl selbst zuständig ist. Und als zweites ein Rahmen mit der Kernbotschaft: „Nutze deine Fähigkeiten und entwickle dich weiter, übernimm Verantwortung für dich und andere und fürs Ganze.“ Ansätze wie: „Lass es dir gut gehen und tue nur, was dir angenehm ist!“ vergessen, dass die Erfüllung, die sich beim Arbeiten einstellen kann, nicht durch den Grad der Bequemlichkeit entsteht.

Daher muss echte Bereitschaft zu echtem Dialog die Grundlage des Miteinanders werden. Unternehmens- und Führungskultur brauchen Aufmerksamkeit und Energie, um Haltungen, Techniken und Werkzeuge für das Gestalten der Beziehungen weiter zu entwickeln.

Das dritte Handlungsfeld ist der ganz normale Geschäftsalltag, der weiter läuft, auch wenn man sich währenddessen „nebenan“ mit New Work beschäftigt. Das braucht eine lebendige und konstruktive Feedback-Kultur.

Die Stabilität des Geschäftsalltags, seine Rhythmen und Routinen sind das Fundament der Organisation und geben ihr Sicherheit. Sie erlauben es auch, zu vergleichen, zu messen und abzuwägen. Nur so kann man steuern und Balancen finden.

Geschäfts-Alltag

Wenn etwas aus den beiden ersten Feldern den Geschäftsalltag stört, weiß man, dass noch etwas zu tun ist.

Ein aktuelles Beispiel, gerade bei Kunden erlebt: In einer Diskussion über Homeoffice sagt der Betriebsrat abschließend:“ Wenn Homeoffice für private Bequemlichkeit missbraucht wird, ist der Betriebsrat der erste, der sagt: dann gibt es kein Homeoffice mehr.“

 

New Work: Lebendigkeit auf fünf Säulen

 

Um sich in New Work nicht zu verzetteln, schlagen wir zum operativen Start fünf Säulen vor, die das Konzept, seine Umsetzung und weitere Entwicklung tragen:

Professionelle Arbeitsqualität
Alles, was mit spezifischen herstellungs- und marktbezogenen Aktivitäten zu tun hat und sich in Wissen & Können, Performance, Kosten-Ertrags-Denken, Cash-Flow-Orientierung, Recruiting, Nachhaltigkeit etc. ausdrücken lässt.

Sinn

Alles, was mit dem Kern der Organisation verbindet und mit Tiefe, Spüren und Erfüllt-sein zu tun hat. Im Führungsalltag zeigt sich das zum Beispiel im Umgehen mit Coolspots. Alles, was in ganzheitlichen Ansätzen zum Ausdruck kommt. Also auch ein vertieftes Umgehen mit Organisationsentwicklung.

Kommunikation als Haltung

Alles, was mit Wahrnehmung, Bewusstsein und Stil der internen Kommunikation zu tun hat. Im Alltag zeigt es sich im Umgehen mit Konflikten, mit Transparenz & Diversität, mit Rang & Macht. Oft unterschätzt, aber wichtig: eine zugewandte Feedback-Kultur.

Unterstützende Strukturen

Alles, was Routinen und Abläufen Sicherheit und Zuverlässigkeit gibt. Dazu gehören Entscheidungsabläufe, Budgetverfahren, Fehlerkultur, Arbeitszeitmodelle, Arbeitsplatzgestaltung, Umgehen mit außergewöhnlichen Situationen.

Führen und Sich-führen-lassen

Alles, was Führen und Sich-Führen-lassen bewusst zum Thema macht. Es zeigt sich zum Beispiel in Unternehmenskultur, Zusammenarbeiten, Personalentwicklung und Organisationsentwicklung.

 

New Work: Lebendigkeit auf fünf Säulen

Dazu ist New Work gut

 

Wenn die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für New Work gegeben und die entsprechenden Projektentscheidungen für New Work getroffen sind, kann man auf folgende Effekte bauen:

Dazu ist New Work gut

> Das Profil, die Identifikation und die Zukunftsfähigkeit der Organisation werden gestärkt.
> Lebendigkeit und Bewegung werden behutsam in der Organisationskultur verankert: es entsteht ein kontinuierlicher Prozess, in dem alles Neue alt werden darf und von wieder Neuem abgelöst wird.
> Die Selbstverständlichkeit dieser Sichtweise sichert, dass die Organisation frisch, lebendig und kreativ bleibt.
> Die Wahrscheinlichkeit, dass alle Beteiligten immer besser werden, erhöht sich.
> Als „Motor und Ladestation“ hält New Work die Selbststärkungskräfte der Organisation in Betrieb.
> Es steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eine eventuell bestehende Erwartungskultur durch eine lebendige Gestaltungskultur abgelöst wird.
> Es wird Organisationsentwicklung betrieben, die das Lebendige und Besondere im Blick hat und gleichzeitig alltagstauglich bleibt.
> Die Kompetenzen für Zusammenarbeiten und Gegenseitigkeit werden gestärkt.
> Die Organisation kann sich leichter für Interaktionen mit ihrem Umfeld öffnen.

Auf dem Realisierungsweg ist vieles recht einfach, und anderes braucht besondere Aufmerksamkeit. Zu letzterem zählt vermutlich die Aufmerksamkeit für den Kern der Organisation. Wenn sich Kommunikation und die Art des Miteinanders ändern, werden sich auch bisher ungelöste Spannungen und chronisch ungelöste Fragen melden. Genau damit umgehen zu können, wird der Organisation ganz neue Möglichkeiten öffnen.

Daher unser Fazit: Ein eigenes Konzept von New Work zu erarbeiten, in die Praxis zu bringen und lebendig zu halten, lohnt sich für jede Organisation.

Selbstcoaching für wirksames Führen: New Work-Style in einem persönlichen Projekt nutzen